Weihnachtszauber
Und plötzlich war er da, der Tag…. Ein Nachmittag im Spätsommer. Meine 7-jährige
kam mit diesem Thema völlig unvorbereitet (für mich) um die Ecke. „Mama“, sagte
sie „heute hat Sarah auf dem Schulhof behauptet es gäbe gar kein Christkind,
das sind alles die Eltern.“
Puff… vor meinem geistigen Auge zerplatzte eine Seifenblase, gefüllt mit
Schneeflocken und Geschenken, die mein Mädchen gerade auffangen wollte. „Öhm…. Ähm…. Ach ehrlich?“, sagte ich. Aber mein Hirn ratterte. Ich schwankte zwischen beschwichtigen, kleinreden, abtun, ablenken und vertrösten. Weiter „lügen“ kam mir nicht in den Sinn, da ich wusste, dass der Zeitpunkt irgendwann kommen wird und ich vermeiden wollte, dass mein Mädchen auf dem Pausenhof, umringt von Kindern, steht und felsenfest behauptet: „Meine Mama hat aber gesagt, dass…“ Kopfkino und so… ihr kennt das! In diesem Moment hat ihre Kindheit ein bisschen an Magie verloren. Also zückte ich die „Ich brauche bitte Bedenkzeitwaffe“ und versprach ihr, am Abend beim Schlafengehen noch mal auf dieses Thema zu sprechen zu kommen.
Gemeinsam machte ich mir mit meinem Mann Gedanken, wie wir weiter vorgehen und erklären wollen. Nach einigem Überlegen kamen wir zu folgendem Entschluss: Wie bereits gesagt, kam weiterhin „lügen“ (ich setze es bewusst in Gänsefüßchen) nicht in Frage. Also sagte ich ihr am Abend folgendes: „Mäuslein, deine Freundin hat Recht.“ Ich sah ihr in die Augen und meine einen Funken Enttäuschung erkannt zu haben. Gepaart mit „Also doch!“ und Traurigsein. Big A. (wie wir meine Tochter hier nennen) hat so unglaublich viel Phantasie, dass sie sich diesen Zauber im ihrem Köpfchen sicherlich in den tollsten Farben ausgemalt hatte – und nun war er futsch! Autsch! Ich merkte, dass sie doch so gerne noch daran geglaubt hätte…
„Dein Papa und ich, wir kaufen die Geschenke für dich und legen sie unter den Baum. Du fragst dich jetzt sicher, warum wir dir das all die Jahre nicht gesagt haben, oder?“ Sie nickt und erstaunlicherweise kam kein einziges Mal der Vorwurf wir hätten sie angelogen. „Weißt du, auch dein Papa und ich sind in diesem Glauben groß geworden. Wir fanden den Gedanken unfassbar schön, dass es da jemanden oder etwas gibt. Es hat etwas Geheimnisvolles. Wir wollten dieses unbeschreibliche Gefühl gerne an unsere Kinder weitergeben und es hat dir doch all die Jahre viele gute Gefühle beschert daran zu glauben, oder? Weihnachtsmagie hat nicht nur etwas mit Geschenken zu tun, findest du nicht auch? Sondern auch mit all der Stimmung, den Kerzen, unserem Glauben, dem Weihnachtsbaum, den leckeren Lebkuchen, dem Beisammensein mit der Familie.“ Sie nickte wieder. Dann hatte ich noch eine Bitte: „Kannst du mir einen Gefallen tun, Big A.? Deine Schwester ist noch so klein und wir möchten doch, dass sie genau die gleiche Freude an diesem Gedanken hat, oder? Du bist jetzt mit diesem Wissen in den Kreis der Erwachsenen gekommen und bist ein Teil von uns (ohhhh… ich glaube nach diesem Satz ist sie 20 cm gewachsen!). Versprichst du mir, dass du darüber nur mit anderen Erwachsenen sprichst?“ Wieder ein Nicken. „Und an Weihnachten, Nikolaus und Ostern, da darfst du mir dann helfen und all die tollen Sachen für deine Schwester einpacken und am Abend unter den Baum legen bzw. mit mir gemeinsam verstecken.“
Ob der Plan tatsächlich aufgeht, wird sich zeigen. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie unfassbar stolz sein wird, wenn sie, die Große, mit mir gemeinsame Sache machen darf. Ihre Augen werden an Weihnachten also trotzdem leuchten – vielleicht nicht wegen all der Magie rund ums Christkind, aber ganz sicher vor Stolz.
An diesem Abend habe ich ein Kind zu Bett gebracht, dass innerhalb von 24 Stunden in meinen Augen ein Stückweit erwachsen geworden ist.